Walter

Initiation?!

Vor etwa 4 Jahren lief ich, mehr oder weniger freiwillig, gegen eine Wand: Trennung, Leere, Lebensmittekrise.  Nach Jahren der Suche nach Geborgenheit hatte nun alles seinen Sinn verloren. Was blieb, war vor allem Sehnsucht – Sehnsucht nach Tiefe und Bedeutung.

Plötzlich hatte ich dieses Buch in Händen: „Endlich Mann werden“ des amerikanischen Franziskanerpaters Richard Rohr.  Dort war viel von „Männerinitiation“ die Rede. Ein fremdes, mysteriöses Wort, das mich nicht mehr losließ. Wenige Monate später fand ich mich mit 70 Männern in einem „heiligen Raum“ wieder. Mit ihnen machte mich auf den Weg, der wohl eher ein „innerer“ Weg ist…

Wäre ich ohne diese schmerzhafte Lektion meiner Krise je zu einer Männerinitiation gegangen? Hätte ich mich ohne Not auf diese schwierige und intensive Auseinandersetzung mit den wirklich wichtigen Fragen wirklich eingelassen? Wahrscheinlich nicht.

Die Initiation hat mich durcheinander gerüttelt und wieder neu zusammengesetzt. Ich durfte einen kraftvollen, offenen und zugewandten Umgang unter Männern erleben. Einen Geist von Brüderlichkeit, der mich auch heute noch trägt. Ganz prägend war für mich dieses Gefühl von Verbundenheit. Verbundenheit mit den Menschen dort, mit der Natur und mit Gott, so wie ich ihn für mich erfahren konnte. Es gab so viele Impulse, Erfahrungen und Eindrücke, die auch Jahre danach noch lebendig sind. Zusammenfassend sind es wohl drei Worte, die stellvertretend dafür stehen: Glaube, Hoffnung und Liebe.

Nach langen Jahren der Glaubenskrise kann ich wieder glauben. Es ist soviel hinderlicher Gedankenschutt beiseite geräumt, dass ich die ganze Schönheit und Großartigkeit der Natur wieder als Schöpfung sehen kann. Ja, ich glaube an den Schöpfergott, der mein wirklicher Ursprung und mein wirkliches Ziel ist.

Und ich habe auch wieder Hoffnung, mehr zu leben, als möglichst viel zu er-leben. Es gibt die Hoffnung, dass ich dem Lauf dieser Welt etwas Gutes, wenn auch Kleines, hinzufügen kann. Und dass es deshalb meine Aufgabe ist, beharrlich zu bleiben und es mir nicht leicht zu machen.

Wenn am Anfang meiner Reise das Scheitern einer Liebesbeziehung stand, so gab es am Ende der Initiation das  Wissen – nein – vielmehr die umwerfende Erfahrung, dass ich – trotz all meiner Fehler – ein geliebter Sohn Gottes bin. Dass ich Liebe erfahren und auch Liebe geben kann.

Wer hätte gedacht, dass 5 Tage eine derartige Wirkung haben können. Nie zuvor bin ich derart verändert, derart positiv erschüttert worden. Natürlich war ich nach der Initiation kein völlig Anderer, zumindest nicht dauerhaft. In den Jahren danach gab es so manche Rückschritte. Schlechte Gewohnheiten sind eben zäh. Und doch habe ich auch etwas Neues gelernt. Ich durfte erleben, dass Scheitern der Anfang von etwas Großem sein kann. Es ist großartig, nicht mehr allein auf dem Weg zu sein, mit meiner Sehnsucht nach Sinn und Ewigkeit. Mit Hilfe meiner Brüder aus der regionalen Männergruppe werde ich immer wieder daran erinnert, was wirklich trägt. Und dass ein anderer Umgang miteinander, mit der Welt und mit Gott möglich ist.
Diese Übergangsrituale für Männer waren in der Tat ein Übergang in eine neue Wirklichkeit. Der Anfang eines neuen Weges, eines inneren Weges, den ich tagtäglich weiter gehen kann.

Die Jakobspilger grüßen sich mit „buen camino“ – einen guten Weg.

Dieser Gruß ist mir zum Motto geworden.

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