S. (der Mann ganz links mit der blauen Mütze) lud alle Interessierten ein, vor dem Frühstück mit in die Quelle zum kurzen Bad zu kommen. Vor zwei Jahren hätte ich (der Mann mit der roten Mütze) das abgelehnt, aber ein Freund nahm mich am Neujahrstag 2023 im Isergebirge zum Anbaden mit – ich überlebte, eigentlich ganz gut.
Das Jahrestreffen von Männerpfade (Ratsversammlung) war richtig verbindend gewesen. Ich spürte gute Energie und wollte dabei sein. Nun hieß es aber, 2 min wäre eine gute Zeit, natürlich ohne Verpflichtung. Ich konnte mir das gar nicht vorstellen, aber meine 9 Mitbader irgendwie schon.
S. gab Tipps: Arme an den Körper pressen, Hände außerhalb lassen. Ich als Zweifler überlegte, dass das Wasserr ja wärmer als die Luft war, ob der Tipp gut war. Und dann ging es los, und viel überlegen ging nicht mehr. Und dann war ich drin, versuchte, die Arme an den Körper zu pressen und die Hände draußen zu lassen.
Schön, dass sich A. bereiterklärt hatte, zu fotografieren. Und da konnte ich nicht einfach wieder raus, dachte ich, die Fotos dauerten eben eine Weile. Siehe da – es fühlte sich gut an, so dass ich sogar mit einigem Erfolg versuchte, zu entspannen.
Nach 2 Minuten gingen die meisten wie ich hinaus und es war gut.
Ja genau. Wie geht´s mir eigentlich wirklich, tief innen drin?
Ehrlich gesagt kann ich das nicht recht beantworten. Der erste Impuls ist: Gut. Aber stimmt das?
Oberflächlich gesehen – ja. Keine Katastrophen, das Leben läuft in geregelten Bahnen.
Und dennoch ist da eine Unzufriedenheit, eine innere Unruhe, die sich aber allzu leicht durch ein Gläschen Wein oder einen guten Film besänftigen lässt. Ein unmerklicher Rückzug und eine gewisse Verhärtung merke ich auch.
„Wer den Weg zur Natur findet…“
Schon zum Anfang des Jahres kommt diese Einladung zu einer Visionssuche auf Kreta. Wäre das was? Nach 37 Jahren wieder auf dieser wilden Insel sein? Noch bin ich nicht bereit, auch wenn mich die Idee nicht mehr los lässt. Im Juni dann die erneute Nachfrage, bist du dabei? Und ganz spontan sagt eine Stimme in mir: Ja! Ich bin dabei. Sofort bezahle ich, schon um den üblichen Zweifeln später keine Chance mehr zu geben.
Ende Oktober ist es dann soweit. Am Montag Abend treffen wir uns am Flughafen in Heraklion. 12 Menschen mit sehr großen Rucksäcken, die beiden Assistenten und die Leitung. Mit Mietwägen geht es durch die stockdunkle Nacht zur kleinen Pension im Südwesten, die unser Basislager sein wird. Schon am nächsten Morgen gibt es den ersten von 12 weiteren magischen Sonnenaufgängen, die ich als Frühaufsteher erleben darf.
Vormittags geht es dann richtig los. Wir sitzen im Council, erzählen uns die Gründe für unser Hier sein, werden auf unsere ersten Schwellengänge in die Natur geschickt. Die beiden Leiter spiegeln das immer wieder: Roland, der Kretaliebhaber und Herzensmensch, Sylvia, die weise Älteste, seit Jahrzehnten dabei.
Wir gehen durchs Medizinrad, ausgehend vom Süden, dem Land der Kindheit, lassen uns von unserem inneren Kind irgendwo in die Natur führen (mich zieht es an den Strand, ans Meer). Dann der Westen, die dunklen Seiten, der Ort der tiefen Verwundung und der alten, oft genug problematischen Bewältigungs-muster. Was für eine mutige Gruppe, wir machen uns ehrlich, „nackt“ und gehen tief in die Verletzungen unserer Psyche. Es gibt viele Tränen, aber auch viel Wahrheit.
Bevor es hinausgeht ist noch der Norden an der Reihe, der Platz für Vernunft, Struktur, Selbstverantwortung. Hier suchen und finden wir nach viel Arbeit und Feedback einen Satz, der uns halten soll in unserer Solozeit. Frühmorgens werden wir dann von der vertrauten Welt losgeschnitten und mit dem Duft der Salbeiräucherung in die mehr als menschliche Welt geschickt.
4 Tage und 4 Nächte. Kein Essen (nur Wasser), kein Schutz durch Zelt oder Tarp (weil es trocken bleibt), keine Gesellschaft. Allein mit sich, der Natur und dem Mysterium. Für mich ist das, soviel habe ich schon verstanden, ein not-wendiges Opfer, um mich zu lösen aus meiner Erstarrung durch Vermeidung, Verwässerung und Verdrängung (die 3 V´s wie Sylvia meinte). Ich hatte mich unwillkürlich entfernt vom wirklich Wesentlichen, hab mich verloren im Alltag des allzu Weltlichen und mich meiner spirituellen Verbindung mehr und mehr entfremdet. Kein Wunder, dass es mir nur oberflächlich gut ging, aber nicht wirklich tief innen drin! Das aber wurde mir erst nach dieser Zeit alleine, fastend und „schutzlos“ in der Natur wirklich bewusst. Was für ein Erlebnis, den funkelnden Sternenhimmel in der Wachnacht über sich zu haben. Stunden einfach nur dazusitzen (kurzes Einnicken eingeschlossen), bis zur Morgendämmerung. Der Beginn der neuen Zeit…
Nach der Rückkehr, samt Begrüßung in der menschlichen Sphäre, dem köstlichen Fastenbrechen und den ersten erleichterten Gesprächen, erzählen wir uns alle unsere Geschichten im Kreis, die uns wieder gespiegelt und dadurch noch kostbarer und runder werden. Wie viel herzliche Verbundenheit und Nähe doch aus der oft harten, befremdlichen und doch stärkenden Solozeit mitgekommen ist… Meine Erfahrungen in der Natur haben mich wohl aus dem „survival dance“ in den „sacred dance“ geschubst. Nichts hat sich verändert, alles hat sich verändert.
Wieder zu Hause und auf meinem ersten Morgenweg im nebligen Park wird mir klar, wie sehr mich diese Visionssuche befreit, belebt und wieder verbunden hat. Mit mir selbst, mit dem Kreis meiner Mitquester und mit der mehr als menschlichen Welt um mich herum. Kopfschüttelnd konstatiere ich, dass der Kopf, mein rationales Denken, das alles nicht wirklich begreifen kann. Nicht kapieren kann, wie diese paar Tage in der Natur, der wilden, kargen Schönheit Kretas soviel verändern konnten. Mein Herz aber, das die Sprache der Seele zunehmend besser versteht, weiß ganz genau, welche Kraft dieses uralte Ritual der Visionssuche immer wieder entfaltet. Es ist alles da. Auch im grauen Herbstnebel in Leipzig. Egal. In mir ist nur eine große Dankbarkeit und Freude.
… der findet auch den Weg zu sich selbst.“ (Klaus Ender)
Normalerweise lebe ich mein „normales“ Leben – am Morgen wache ich in meinem Bett auf und dann gibt es zum Munterwerden und In-den-Tag-Kommen erst mal einen lecker Kaffee. Und so läuft der Tag dann seinen gewohnten Gang.
Ab und an mag ich diese Routine mal unterbrechen. Zum Beispiel im Sommer, wenn es im Haus viel zu warm ist, auch am späten Abend noch. Dann stelle ich mir mein transportables Bettgestell in den Garten und schlafe unter freiem Himmel – einfach herrlich.
Als meine Enkelmädels im letzten Jahr im Sommer bei mir waren fragten sie mich: „Opa, können wir heute draußen schlafen?“ Klar konnten sie. Die Sechsjährige schlief im offenen aber überdachten Baumhaus und die Neunjährige wollte unbedingt auf dem Dach vom Schauer hinterm Haus schlafen. Leider hielt die Luftmatratze ihre Luft nicht und so zogen wir zwei dann am frühen Morgen – es war auch kühl geworden – ins Haus um. Die Sechsjährige schlief im Baumhaus selig bis zum Frühstück.
Oder zuletzt – ich mache gerade eine Ausbildung bei Wildniswissen in der Nähe von Franfurt an der Oder – für die Tage war Übernachten im mitgebrachten Zelt angesagt. Es war echt kalt im Zelt, ich musste mir in der Nacht die Mütze aufsetzen. Und – sollte ich mich nun freuen oder nicht – 02.15 Uhr begann die Nachtigall in der angrenzenden Hecke ihr Nachtkonzert. Seitdem weiß ich ungefähr, wie eine Nachtigall singt. Und ich habe sie seitdem an mehreren anderen Orten gehört.
Das ist wohl das Gute an der Zeit „Draußen“ – ich kehre mit neuen Geschichten und Erfahrungen zurück.
2009 war ich zur Männerinitiation am Brahmsee – und diese 5 Tage haben in meinem Leben was in Gang gesetzt, was ich heute nicht mehr vermissen möchte. Es war nicht so, dass sich mein Leben schlagartig geändert hat. Es hat in mir die Sehnsucht geweckt, neue Erfahrungen zu machen und – immer mal wieder – Neues auszuprobieren. Und es nicht beim Ausprobieren lassen. Sondern um ein klein wenig immer wieder Neues in mein Leben hereinzulassen.
Von Mittwoch, 28. Juni bis Sonntag, 02. Juli 2023 haben Männer wieder die Möglichkeit an einer Männerinitiation nach Richard Rohr in Deutschland teilzunehmen. Ich hoffe, dass viele Männer den Ruf in sich verspüren, dabeizusein – und das auch verwirklichen.
Wie weit Deutschland beim naturbelassenen Wald von seinen eigenen Zielen entfernt ist und bleibt, wird in dem folgenden Beitrag deutlich: Die EU fordert eigentlich 10 % der Gesamtfläche des Landes als Wildnis auzuweisen. Wildnis meint dabei einen zusammenhängenden Bereich von >1.000 ha (= 10 km²). Deutschland ist da etwas „bescheidener“ und hat sich 2 % zum Ziel gemacht, das bis 2020 erreicht werden sollte. Erreicht hat Deutschland 0,6 %.
Wie im Großen so im Kleinen: Heute in meiner Tageszeitung: Marienkäfer sind bedroht, weil die Kleingärten zu aufgeräumt sind. Marienkäfer benötigen Totholz- oder Laubhaufen zum Überwintern. In unseren aufgeräumten Gärten lassen wir aber die „Wildnis“ im kleinen Maßstab auch nicht zu. Dabei wäre es keine Problem, die Laubhaufen im Herbst anzulegen und bis zum Frühjahr liegen zu lassen oder überhaupt eine „wilde Ecke“ einzurichten mit Totholz oder einen Steinhaufen und es gibt bestimmt noch viele andere Möglichkeiten.
Wie viel „Wildnis“ lasse ich in meinem Leben zu? Hoffentlich mehr als 0,6 oder 2,0 % – und das nicht nur, um besser dazustehn als Deutschland. „Wildnis“ ist ein Teil unseres ursprünglichen Lebens, von dem wir abgeschnitten wurden und es ist an uns selber, diese Verbindung wieder herzustellen.
diesen letzten Absatz im Buch „Hoffnung durch Handeln“ von Joanna Macy & Chris Johnstone (S.212) gebe ich hier komplett wieder:
„Als Boris Cyrulnik zehn Jahre alt war, musste er sich verstecken. Er lebte Damals in Frankreich, das von den Deutschen besetzt war, und musste unsichtbar werden und bleiben, wenn er sein Leben retten wollte. Andere Mitglieder seiner Familie wurden wegen ihrer jüdischen Abstammung nach Auschwitz deportiert und getötet. Diese traumatische Erfahrung warf für Boris die bleibende Frage auf, was uns zu Stärke verhelfen und unsere Resilenz vertiefen kann.
Er arbeitete dann mit missbrauchten Kindern, Kindersoldaten in Kolumbien und Überlebenden des Völkermordes in Ruanda und wurde zu einem der führenden Psychologen der Welt für die Heilung traumatisierter Kinder. In seinem Buch Resilence schreibt er:
Die Perle der Auster könnte das Sinnbild der Resilenz sein. Wenn ein Sandkorn in eine Auster eindringt und sie so quält, dass sie zu ihrer Verteidigung eine perlmuttene Substanz absondern muss, erzeugt die Abwehrreaktion ein Material, dass hart, glänzend und kostbar ist.¹
Wir leben in einer Zeit, in der der lebendige Leib der Erde angegriffen wird, und der Angreifer ist nicht eine außerirdische Macht, sondern unsere eigene industrielle Wachstumsgesellschaft. Gleichzeitig ist ein außergewöhnlicher Selbstheilungsprozess im Gange, eine vitale und kreative Reaktion, die wir als Großen Wandel bezeichnen. Was uns hilft, uns dem Chaos zu stellen, in dem wir stecken, ist das Wissen, dass jeder von uns etwas Bedeutsames anzubieten hat und seinen Beitrag leisten kann. Wenn wir all unsere Kräfte aufbieten, um uns der Herausforderung gewachsen zu zeigen, entdecken wir etwas Kostbares, was sowohl unser Leben bereichert als auch die Selbstheilungskräfte der Erde unterstützt. Eine Auster bildet als Reaktion auf ein Trauma eine Perle. Die Perle, die wir der Welt schenken, ist unsere Hoffnung, die in unserem Handeln Ausdruck findet.“
¹ Boris Cyrulnik, Resilence: How Your Inner Strength Can Get You Free from the Past, New York, Penguin, 2009, S. 286
Es gibt Schwellenraumzeiten im Leben: der Eintritt in die Schule, der Übergang vom Kind zum Jugendlichen, vom Jugendlichen zum Erwachsenen, den Eintritt in eine Arbeit…
Ich befinde mich in einem Schwellenraum – den Übergang von der Arbeit in die Zeit nach der Arbeit. Da heißt es Abschied nehmen: von den Kolleginnen und Kollegen und von vielen anderen Menschen, mit denen ich in den letzten Jahren beruflich und manchmal auch darüber hinaus zu tun hatte. Ich habe dies mit einem Fest gefeiert, einem „sich gegenseitig Danke sagen“ – Fest. Das war gut und wichtig für mich, diesen Übergang auch zu feiern. Etwas geht zu Ende und etwas beginnt.
Von dem was beginnt habe ich nur eine vage Vorstellung. Es ist wie ein Tasten im Nebel, ein Ausprobieren, bestätigen, verwerfen alter und neuer Gewohnheiten. Es ist eine Zeit mit sehr viel Gestaltungsspielraum. Ich kann an Arbeiten auch mal länger dran bleiben, ich kann Freunde besuchen oder meine Enkel, im Garten werkeln, in die Natur gehen, Musik machen, meiner Intuition folgen.
Beziehungen verändern sich – der Kontakt zu den – jetzt ehemaligen – Arbeitskollegen wird weniger und mir ist klar, dass ich selbst jetzt viel mehr für neue Begegnungen verantwortlich bin. An dieser Stelle trifft sich nun mein persönlicher Schwellenraum mit einem kollektiven Schwellenraum:
Die Welt befindet sich in einem Schwellenraum – es wird kein Zurück zu einem Zustand, wie er gewesen ist, geben. Der Schwellenraum lässt sich nicht mit einer „freiwilligen“ Massenimpfung auflösen. Aber genau das scheint mir der Plan aller sichtbaren Anstrengungen zu sein: Mit einem Impfstoff zurück zu dem, was vorher war. Ich befürchte, dass dieser Plan nicht aufgeht. Weil ein paar grundlegende Wahrheiten einfach nicht akzeptiert werden wollen. Wir kennen sie als die harten Wahrheiten aus der Initiation:
Das Leben ist hart.
Du wirst sterben.
Du hast nicht die Kontrolle
Du bist nicht wichtig.
Dein Leben dreht sich nicht um dich.
Ja – es gibt eine Fortführung dieser harten Wahrheiten – aber erst nach der Schwellenzeit. In der Schwellenzeit muss ich mich den harten Wahrheiten stellen und sie fordern mich total heraus.
So ist eigentlich auch die Gesellschaft herausgefordert – und sie ist nichts von mir Getrenntes, ich bin ein Teil von ihr. Als Gesellschaft wollen wir diese Wahrheiten nicht akzeptieren – also akzeptieren wir alles, was ein Zurück aus dem Schwellenraum scheinbar möglich macht. Das wird sich als Irrtum heraus stellen. Wir müssen uns den harten Wahrheiten stellen.
Jetzt bin ich seit dem 20.09.2020 wieder zu Hause vom FIRMing.
Ich bin schon lange in der Natur und die letzten Jahre gerne mit meinem Hund unterwegs.
Diese Naturzeiten sind Zeiten der Ruhe, Zeiten besonderer Wahrnehmungen, Zeiten nur für mich. Eine Art von Meditation.
Aber heute war etwas anders. Früher war da der Wald, da der Hund, da die Natur und irgendwo auch ich. Aber alles war getrennt voneinander vorhanden. So war mein bisheriges Naturempfinden. Heute war alles eins. Ich kann es mit Worten gar nicht beschreiben.
Es war eine wunderbare Verbundenheit mit allem da. Es regnete stark und ich fühlte eine große Ruhe in mir, ich fühlte mich leicht und frei, frei von Schmerzen, Druck und Gedanken. Einfach verbunden mit jedem Baum, Busch, Gras, Pilz, Blatt, Vogel, Wurm und was da sonst noch existiert.
Aber vor allem verbunden mit mir.
Eine unglaubliche Stille und ein starker Frieden in mir und um mich herum.
Diese Stille kenne ich, darf ich sagen, seit meiner Nacht alleine im Thüringer Wald während des FIRMing.
Damals trat sie ein, die Stille und der Frieden, als ich meine Ängste aufgab und mich ergab in das was war.
Ich bin sehr dankbar für dieses, wenn auch kurze Gefühl des Friedens und der Ruhe und der Verbundenheit mit Allem. Es ist aber eine Sicherheit in mir, die mir deutlich macht, dass ich dieses Gefühl ab jetzt immer wieder mal erfahren darf.
Ich freue mich auf meine nächsten Zeiten in der Natur.
Heinz Peters
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