von Felix Stumpf
In Dante Alighieris Göttlicher Komödie von 1321 wird eine Reise durch die drei Reiche der jenseitigen Welt beschrieben. Die letzte führt vom irdischen Paradies, dem Garten Eden in das himmlische Paradies. Dante (und Beatrice) betreten die himmlischen Sphären der sieben klassischen Planeten Mond, Merkur, Venus, Sonne, Mars, Jupiter und Saturn. Von dort steigen sie auf in den Fixsternhimmel, den Kristallhimmel und betreten schließlich das Empyreum. Dort strahlt in göttlichem Licht die Himmlische Rose der Liebe.
Diese wunderbare Heldenreise von Dante inspirierte mich zu einem Kunstwerk, welches 2020 den 1. Preis in einem Kunstwettbewerb der Ausstellungsfolge „Plastik und Blumen“ im Treptower Park Berlin gewann. In meiner hierzu entworfenen temporären Skulptur schuf ich eine Verbindung zwischen Dantes Weg ins Paradies und dem Corona-Pandemie-Lockdown Anfang letzten Jahres. Die Aussage der Skulptur ist: Unser Leid und unsere Begrenzung hat die Kraft sich in etwas gutes zu Wandeln, wir dürfen bloß den Blick auf das Licht (das Vertrauen) nicht verlieren und müssen die Kontrolle abgeben, und uns auf den Weg „hindurch“ einlassen. Der Name der Kunstwerkes ist daher: Himmlische Rose (Hoffnung, Wandel und Paradies).
Wie ihr merkt, sind meine Erfahrungen der Initiation mittlerweile in meiner Kunst angekommen. Und es scheint als sind die Menschen offen und bereit für die Botschaft des Wandels. Kurze Zeit später gewann ich erneut einen Wettbewerb mit einer Grafik, die eine ähnliche Aussage hat. Das macht mir Mut.
Seit meiner Erfahrungen der Initiation 2016 in Österreich kenne ich die Notwendigkeit, den transformativen Weg des Leides selbst zu gehen und zu vertrauen. Die Initiation kam genau in der Zeit meines Lebens, in der alles in meiner Welt bergab zu gehen schien. Ich war Ende dreißig und hatte großes persönliches Leid. Hinzu kam, dass ich mich finanziell in einer sehr prekären Situation befand. Ich hatte hohe Schulden und keinerlei Gewissheit auf Besserung meiner beruflichen Situation. Das Gefühl des Scheiterns, dass sich anfühlte als ob alles im Sande verrinnt, beherrschte mein Leben.
Es ist wohl bekannt: Ein Leben als freier Künstler ist meist ein Leben großer finanzieller Unsicherheiten. Es ist aber, wenn man es aus einer anderen Perspektive betrachtet ein Leben, das sich nicht so leicht von scheinbaren „Sicherheiten“ gefangen nehmen lässt. (Vielleicht spricht man deshalb auch vom „freien Künstler“?)
Aus der Perspektive des konventionellen bürgerlichen Glücks scheint der Preis für Freiheit hierbei hoch. Kein Geld = Keine Urlaub = Kein Vergnügen = Keine Familie = Glück: Ade!
Wahrscheinlich sehnte und neidete ich dieses Glück sehr. Und reagierte mit einer trotzigen Übertreibung eines unkonventionellen Leben (oder vielmehr was meine Vorstellung davon war). Ich stand auf wann ich wollte, ging zu Bett wann ich wollte, arbeitete was und wann ich wollte und hatte mit vielen Frauen gleichzeitig Beziehungen unterschiedlichster Art. Mein „freies Leben“ war letztendlich nur ein haltloses (haltungsloses) Leben. “.
Ich dachte ich wäre frei, da ich wähle. Doch in Wahrheit wurde ich von meinen Dämonen gefangen gehalten. Und ich wählte nur aus den Bildern aus, die sie mir vor meine Nase hielten.
Mittlerweile verstehe ich Freiheit, als die Möglichkeit das, was mein Herz oder der heilige Geist zu mir sagt, zu tun. Also in mich rein zu horchen. Zu gehorchen. Der Endgegner heißt dann zwar oft: Furcht vor möglichen Konsequenzen. Doch ihn bezwinge ich mittlerweile immer schneller.
Dieser Kompass für Freiheit stellte sich nach meiner Initiation ein. Das Erste was nach meiner Initiation passierte war folgendes. Ich bekam meine Stimme zu hören, die mich zu einer ungeahnten Klarheit brachte. Ich zog nun klare Grenzen. Beruflich wie persönlich. Die Gewissheiten im Rücken: Ich werde geliebt, darf mir vergeben, darf loslassen und werde gehalten. Ich verließ meine alten Abgründe und fand schnell neue Kraft.
Ist Leid nun ein Vorbote eines freien Lebens? Oder in anderen Worten: Ist Schmerz der Beginn von Leben?
Wie bei einer Geburt von einem Baby. Die Frau muß dabei durch den Schmerz. Kein Weg führt daran vorbei. Ohne Schmerz und ohne Wunde kein neues Leben. Und als initierter Mann habe ich ein archaisches Verständniss hierfür entwickelt. Und ich bin fasziniert, wie dies zusammenkommt.
Leider isolieren wir in unserer Welt allzu oft uns und andere, wenn es zu Leid und Schmerz kommt. Dies habe ich in den Trauererfahrungen um meinen Vater ebenso erfahren müssen, wie an der schweren Erkrankung einer Freundin. Unsere Gesellschaft hat einen verstümmelten Umgang mit Leid, Krankheit und Tod. Es wird behandelt wie ein Plage. Für Beistand scheint es in unserer konsumorientierten Welt wenig Platz zu geben. Und wahre Gemeinschaft ist selten. Vielleicht weil wir uns nicht mit den Wunden der Anderen identifizieren wollen? Die Pandemie hat uns hier hoffentlich im kollektiven Erleben von Leid und Verzicht wieder etwas mitfühlender und mitmenschlicher gemacht. Ja davon bin ich überzeugt.
Und was für ein Segen, dass wir initiierten Männer unsere Wunden, unser Scheitern und unsere Unvollkommenheiten als Basis gemeinschaftlicher Begegnung und Stärkung erleben dürfen. Das ist der Weg in die Himmlische Rose! Ins Göttliche Licht! Und wie einmal so schön gesagt wurde: In das Paradies, das wir in der Existenz von Blumen, von Sternen und in den Augen der Kinder erahnen können.
Friede, Liebe und Licht an Euch
Felix Stumpf