Wahrer Frieden entsteht durch Gerechtigkeit

Liebe Männer,

vor zehn Jahren fand meine Initiation in Oberwildflecken statt und ich zehre noch heute davon. Ich bin von Dank erfüllt über die tolle Gemeinschaft, die Inhalte und die Wirkungen in mir und anderen!

In diesem Geist möchte ich etwas mit euch teilen. Von einem sudanesischen (guten) Bekannten Hassan Humeida habe ich die Bitte erhalten, zum Tag der Deutschen Einheit für eine in Südkorea erscheinende Zeitschrift ein paar Fragen zu beantworten.

Das habe ich sehr gerne getan und wunderte mich, wie schnell es mir von der Hand ging, besonders der Passus rund um Richards Satz „In deinem Leben geht es nicht (so sehr) um dich.” Für mich einer der wichtigsten Sätze für unser Miteinander.

Herzliche Grüße Felix

Meine eigenen Erfahrungen als junger Mensch vor der deutschen Wiedervereinigung
Als junger Mann, 1990 gerade 24 Jahre alt, bin ich im Westen Deutschlands aufgewachsen und hatte praktisch keine direkten Berührungspunkte mit der DDR. Die Teilung war für mich eine selbstverständliche Realität – die Mauer existierte bereits mein ganzes Leben lang. Wie viele Westdeutsche meiner Generation war die DDR für mich ein fernes Land, von dem man zwar wusste, das aber im Alltag keine große Rolle spielte. Diese Distanz prägte meine Wahrnehmung der deutschen Teilung bis zu dem historischen Moment, als alles anders wurde.

Meine Gefühle während des deutschen Wiedervereinigungsprozesses
Ich war begeistert und zutiefst glücklich über diese historische Entwicklung. Es war ein Gefühl unbändiger Freude und des Aufbruchs – plötzlich wurde möglich, was jahrzehntelang undenkbar schien. Die Bilder vom Fall der Mauer, die Tränen der Freude und die spontanen Begegnungen zwischen Ost und West bewegten mich sehr. Es war ein Moment der Hoffnung und des Optimismus für die Zukunft, auch wenn mir damals noch nicht bewusst war, welche Herausforderungen der Einigungsprozess mit sich bringen würde.

Wie sich mein Leben und meine Gesellschaft in den letzten drei Jahrzehnten verändert haben
Die Wiedervereinigung hat mein Leben ungemein bereichert. Heute reise ich sehr gern und häufig in den Osten Deutschlands – eine Möglichkeit, die mir vor 1989 verwehrt war. Ich freue mich immer wieder über den Wegfall der Mauer und entdecke die Schönheit ostdeutscher Städte wie Dresden und Leipzig, deren historische Architektur und kulturelle Vielfalt mich begeistern. Deutschland ist zu einem größeren, vielfältigeren Land geworden, das von den unterschiedlichen Erfahrungen und Perspektiven beider Landesteile profitiert hat.

Was lieben Sie an Deutschland als Ihrer Heimat?
Deutschland ist für mich durch sein demokratisches System, die Rechtsstaatlichkeit und das starke soziale Netz geprägt. Besonders schätze ich unser Gesundheitssystem, das allen Menschen Zugang zu medizinischer Versorgung garantiert. Vor allem aber sind es meine Familie und Freunde, die Deutschland zu meiner Heimat machen – die menschlichen Bindungen und Beziehungen, die das Leben lebenswert machen und mir Geborgenheit geben.

Meine eigenen Perspektiven auf die Lehren der deutschen Wiedervereinigung für eine koreanische Wiedervereinigung
Die deutsche Wiedervereinigung fand leider nicht auf Augenhöhe statt, und das ist eine wichtige Lehre für Korea. Es darf kein „von oben herab“ geben – beide Seiten müssen sich als gleichwertige Partner begegnen. Wichtig wäre es, die Errungenschaften beider Teile zu würdigen und zu übernehmen. So wie Deutschland von ostdeutschen Innovationen wie der umfassenden Kita-Betreuung, dem grünen Pfeil an Ampeln und vielem mehr profitiert hat, sollte auch eine koreanische Wiedervereinigung die Stärken beider Systeme integrieren. Der Respekt vor den jeweiligen Lebenserfahrungenund kulturellen Eigenarten ist dabei von entscheidender Bedeutung.

Welche Vorteile sehen Sie für Korea und seine Zukunft im Hinblick auf eine mögliche Wiedervereinigung der koreanischen Halbinsel?
Eine koreanische Wiedervereinigung könnte immense Vorteile bringen: Die Verbindung der
technologischen Innovation und des wirtschaftlichen Dynamismus Südkoreas mit den Rohstoffen und der Arbeitskraft Nordkoreas könnte Korea zu einer bedeutenden wirtschaftlichen Kraft in Asien werden lassen. Kulturell würden getrennte Familien wieder zusammenfinden, und das reiche koreanische Kulturerbe könnte in seiner Gesamtheit bewahrt und weiterentwickelt werden. Strategisch würde eine vereinte koreanische Halbinsel zu mehr Stabilität in der Region beitragen und Korea zu einem wichtigen Vermittler zwischen China, Japan und anderen asiatischen Nationen machen. Nicht zuletzt würde die Wiedervereinigung das koreanische Volk von den enormen Rüstungskosten befreien und diese Ressourcen für Bildung, Infrastruktur und soziale Entwicklung
freisetzen.

Wie sieht der Weg zu einem toleranten und respektvollen
Zusammenleben der Menschen weltweit aus?

Hier möchte ich mit den Worten des Franziskanermönchs Richard Rohr antworten, der in seinem Buch „Adams Wiederkehr“ fünf essenzielle Wahrheiten formuliert. Eine davon lautet: „In deinem Leben geht es nicht – so sehr – um dich.“ Dieser Satz trifft den Kern des Problems. Wahre Toleranz und Respekt entstehen erst dann, wenn wir über unseren eigenen Tellerrand blicken und erkennen, dass wir Teil eines größeren Ganzen sind. Es geht darum, die eigene Perspektive zu erweitern, Empathie zu entwickeln und zu verstehen, dass die Vielfalt der Menschen und Kulturen eine Bereicherung und nicht eine Bedrohung darstellt. Der Weg beginnt bei jedem Einzelnen von uns –in der Familie, in der Nachbarschaft, in der Begegnung mit dem Anderen.

Frieden und Sicherheit in der Welt bedeuten für mich Folgendes:
Frieden und Sicherheit beginnen für mich im eigenen Herzen – mit der inneren Ruhe und dem Vertrauen in die Mitmenschen weltweit. Ohne diesen inneren Frieden können wir keinen äußeren Frieden schaffen. Es bedeutet für mich auch, dass Menschen überall auf der Welt die Chance auf ein würdevolles Leben haben sollten, frei von Angst vor Gewalt, Verfolgung oder existenzieller Not. Wahrer Frieden entsteht durch Gerechtigkeit, gegenseitiges Verständnis und die Bereitschaft, Konflikte durch Dialog statt durch Gewalt zu lösen. In einer globalisierten Welt sind wir alle miteinander verbunden – der Frieden in Korea betrifft auch uns in Deutschland, und umgekehrt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert