Männer, Männlichkeit, Krise?


Was heißt Mann-sein heute? Es gibt viele Stimmen und Forderungen, aber immer weniger klare Rollenbilder. Im Gegenteil, Männer werden kritisch beäugt und stehen schnell unter dem Generalverdacht der „toxischen Männlichkeit“. Es wird immer schwieriger, männliche Identität zu definieren. Buchtitel wie folgender bringen das zum Ausdruck:

Der Mann ist in der Krise – ohne Beziehung zu den Kindern, unerfüllt auf der Arbeit, unsicher als Ehemann. Die Krise der Männlichkeit hat Auswirkungen nicht nur im privaten Bereich, sondern bis in gesellschaftliche Strukturen hinein. Sie hat viele Männer erfasst, Arbeiter wie Akademiker, Christen wie Nichtchristen.
Was also bedeutet Männlichkeit als echte innere Identität? Gibt es Wege heraus aus der Krise?“

(Krise der Männlichkeit, Leanne Payne)


Das sind gute Fragen. Was bedeutet heutzutage Männlichkeit als echte innere Identität ? Und – gibt es Wege aus der Krise ? Viele Männer zucken bei diesen Fragen oft nur mit den Schultern und machen weiter mit den Dingen, die sie halt so machen. Sind sie so selbstzufrieden, oder haben sie nur verlernt, sich diese Fragen überhaupt zu stellen? Wo sind sie, die unzufriedenen Männer? Unzufrieden mit sich und ihrem Leben. Äußernd nicht Frauen schon seit Jahren und immer wieder deutliche Kritik an „den Männern“? Und zeigen nicht auch die steigenden Zahlen von Alkohol- oder Drogenmissbrauch, Kauf- und Spielsucht, sowie die zunehmenden psychischen Erkrankungen, dass viele Männer richtungslos sind und insgeheim daran leiden, dass sie kein authentisches und wirklich erfülltes Leben leben? Sie ahnen vielleicht, dass ihr Leben mehr sein könnte, als nur Leistung, Rolle oder das Erfüllen von Erwartungen anderer – im Job, in der Freizeit und in der Liebe.

Warum ändern sie nichts? Warten sie vielleicht auf einen „Ruf “? So wie ihn Richard Campell in seinem Buch „der Heros in 1000 Gestalten“ beschrieben hat? Sein zukünftiger„Held“ ist nicht zufrieden mit seinem ganz normalen Leben. Er spürt eine Sehnsucht, eine innere Stimme, die ihn dazu drängt, aus dem Vertrauten aufzubrechen. Widerstände und Selbstzweifel aber hindern ihn zunächst daran. Folgt der Held jedoch seinem „Ruf“, so verändert sich sein Leben für immer…


Vielleicht müssen Männer aktiv angesprochen werden? Vielleicht gefragt werden? Bist du mit deinem Leben wirklich zufrieden? Ist wirklich alles in Ordnung? Wenn nicht, dann lass sie sein, deine alltäglichen Gewohnheiten und Ablenkungen. Trau dich was und konfrontiere dich mit den tieferen Wahrheiten deines Lebens. Wie gehst du mit Ohnmacht um? Kannst du geben, statt nur zu fordern? Was möchtest du dieser Welt hinterlassen? Lebst du wirklich? Kannst du Schmerz als Lehrer annehmen? Kannst du diese Fragen beantworten? Hältst du der Konfrontation mit deiner Geschichte, deinen Ängsten deinem Schmerz stand? Ja? Denn dann erst bekommst du eine Ahnung von deiner wahren Kraft und deiner Verantwortung für das, was wirklich zählt im Leben. Wenn Du, Mann, so einen Ruf hören kannst, dann bist du fast bereit.

Die 5-tägige Männer-Initiation nach Richard Rohr ruft dich an einem Punkt in deinem Leben, bei dem du spürst, dass du dich einer neuen Herausforderung stellen musst, um eine neue Wahrheit über dich zu erfahren. Um einen neuen Weg zu finden, heraus aus deinem früheren Leben hinein in eine tiefere Verbundenheit mit deiner ureigensten Aufgabe und dem Leben selbst. Diese Übergangsritualesind kein Therapie- oder Selbstoptimierungsprogramm. Sie bieten auch keine einfachen Lösungen. Aber sie weisen einen Weg (einen Männerpfad:). Einen Weg hin zu den wesentlichen Fragen des Menschseins und hin zu dem Mann, der du im innersten schon bist. Es ist auch ein Weg in die Natur und in die Stille. Ein Weg, den Männer in einer Gemeinschaft mit anderen Männern gehen, die bereit sind, sich dem Leben zu stellen. Begleitet und angeleitet von einem Team aus Männern, die diesen Weg schon gegangen sind. Sie unterstützen dich bei deinem Aufbruch… ins Leben.

Mann. Wenn du in deiner Krise wirklich neue Antworten finden willst, wenn du bereit bist, für eine wirkliche Herausforderung, dann folge diesem „Ruf“und melde dich an zur nächsten Männer-Initiation im Juni 2025.

Das Gute, das Wahre und das Schöne !

392 Tage liegen nun zwischen dem letzten Tag meiner Männerinitiation in Nordbayern und dem ersten Wort das ich hier schreibe.

Es war bereits meine zweite Bewerbung zur Initiation. Dass ich ein Jahr zuvor, 2022, kurzer Hand aus privaten Gründen nicht teilnehmen konnte und vielleicht auch sollte, war sicherlich Teil des Weges. Für mich persönlich war das Durchlaufen der Initiation eine Zäsur, ein wichtiger markanter Meilenstein in meiner Mann-Entwicklung.

Was war der Anstoß dazu? Ein heftige Krise mit 38 Jahren! Arbeitsplatzverlust, Schaden meines „Ansehens“, wiederholt verletzte und enttäuschte Menschen (vor allem Frauen), Hausverbot, Strafanzeige, Strafbefehl und Geldstrafe. Alles selbst hervorgerufen. Vier Jahre vor dieser „heftigen“ Krise wurde außerdem meine Ehe geschieden, aus der ein wunderbarer Sohn hervorgegangen ist. Obwohl eine Scheidung nicht weniger eine Krise ist, fiel ich zu diesem Zeitpunkt wohl noch nicht tief genug um mein Handeln zu hinterfragen. Es sollte/musste heftiger kommen! Denn der Mensch macht im Laster das, was er nicht will, so schreibt es der Wiener Psychiater Raphael M. Bonelli in seinem Buch:

„Die Weisheit des Herzens“. Es war der Gipfel der vorhergegangen 20 Jahre. Plötzlich macht es BANG!

Wohin mich mein Pornografiekonsum einmal führen wird, konnte ich mir nicht vorstellen, zumal ich nie von mir selbst gesagt hätte ich wäre danach „süchtig“. Abgesehen davon, dass das Ansehen von Pornografie weder im „Geheimen“ noch in beidseitigem Einvernehmen innerhalb einer Beziehung Platz finden sollte, es beeinflusst uns, ob wir es wollen oder nicht, das ist mittlerweile meine persönliche Haltung zu diesem Problem. Meine guten Werte hielt ich nach eigenem Ermessen ein, mein Gewissen verdrängte ich. Mein Ego war groß genug und überzeugt, dass wann immer ES möchte mit Pornokonsum aufhören könnte. Das Gegenteil war der Fall, es nahm mich ein und beeinflusste mich unbewusst in andere Lebensbereiche hinein. Plötzlich war ich im freien Fall. Aufgefangen hat mich Gott!

Mir war ab diesem Zeitpunkt klar, dass ich Hilfe brauche. Ich wollte und möchte auch meinem Sohn ein gereifter, verantwortungsbewusster Vater sein. Dieser teuflische Kreislauf soll unterbrochen werden. Ich bin von Herzen dankbar, dass ich in dieser völligen Ausnahmesituation die Schuld auf mich nehmen wollte und es auch konnte, das war der wichtigste Schritt überhaupt um mich ent-schuldigen zu können. Nicht vor Gott, denn er hat mir durch Jesus bereits vergeben, aber bei all meinen Mitmenschen.

Es muss Licht bis in den letzten Winkel meines Herzens. Es ist höchste Zeit den eigenen Schatten anzusehen, vor allem wenn alle Anderen ihn bereits vor dir sehen. Ich fand 2020 Hilfe bei einem Psychotherapeuten und Arzt, der, so sollte sich erst eineinhalb Jahre später herausstellen, selbst ein initiierter Mann ist. Er, Klaus, hat mich dazu ermutigt mich für die Männerinitiation zu bewerben. Es war gut und richtig, danke Klaus.

Ich kann mich so gut daran erinnern, wie es nach einigen Sitzungen plötzlich wie Schuppen von meinen Augen fiel, dass ich abhängig von Pornos bin, es war eine so harte, tiefgehende Erkenntnis, über die ich Wochen „trauerte“. Du hast nicht die Kontrolle. There is a crack, a crack in everything.

Meiner Initiation ging also bereits ein Weg an seelischer Gesundwerdung voraus, ich empfand dabei das Übernehmen von Verantwortung für mein Handeln und das Bitten um Vergebung als die wesentlichen Voraussetzungen dafür. Die Initiation kam für mich dann auch zum rechten Zeitpunkt.

Wie habe ich die Initiation erlebt? Warum hat sie weiteres Licht in mein Dunkel gebracht? Es war wesentlich für mich, dass Regeln und Grenzen während der Initiation definiert und gegolten haben, insbesondere in den Kleingruppengesprächen. Obwohl alle anderen Männer erst einmal fremd waren, konnte ich mich das erste Mal außerhalb meiner Therapie öffnen, ich hatte Vertrauen, es war gegeben, geschenkt und ich wurde nie bewertet. Danke Männer!

Meine eigenen Wunden herauszufinden, sie zu erkennen, zu benennen, anzusehen und zu fühlen war so wichtig. Fühlen zu dürfen, Vergebung aufrichtig auszusprechen, denen die auch mich in meinem Leben verletzt haben, ist eine Frucht meiner Initiation, noch mehr gilt dies für das Bitten um Vergebung.

Erkennen und Verstehen ist immer Stückwerk, dieser Prozesse wird nie aufhören und das Ganze Große werden wir zu Lebzeiten nicht durchschauen können. Nach meiner Initiation fühlte ich mich stark, aufgetankt, motiviert aber auch nachdenklich bescheiden. Als Novize sollte mein Weg nun weitergehen, ich tauchte tiefer in Richard Rohrs Gedanken ein und habe mehrere seiner Bücher gelesen. Ich beschäftigte mich mit den männlichen Archetypen und konnte auch mich selbst besser verstehen. Ich habe meinen Eltern in jeder Hinsicht Vergebung ausgesprochen, nicht weil mir danach war, sondern weil auch mir viel Barmherzigkeit und Güte widerfahren ist. Nicht zu erwarten, dass gleichzeitig auch mir von anderen Menschen vergeben wird, ist hart und manchmal schwer auszuhalten.

Tatsächlich aber wird Gott weiter meine Wunden heilen und mir den rechten Weg bereiten, er wird mir helfen (Jesaja 41,10). Erst durch meine Initiation begann ich zu begreifen, was es bedeuten kann „nach oben zu fallen“-“falling upward“, so wie Richard Rohr es nennt. Ich durfte also weiter meinen Weg in der zweiten Lebenshälfte gehen. Tugenden wie Güte, Vergebung, Treue, Beständigkeit, Besonnenheit, Nachsicht, Verbundenheit und Entschlossenheit helfen mir dabei meinen „guten“ Werten, die immer schon in mir angelegt waren, in anderer Qualität und mit anderem Verständnis nachzukommen. Ich habe den Mut gefunden, mich selbstständig zu machen und um meine Beziehung, meine Liebe zu kämpfen. Sie hat neben Gott wohl immer schon auch in mein Herz schauen können und das Gute erkannt. Mit meinem Sohn gehe ich campen, baue Pfeil und Bogen und erzähl ihm davon warum es Krieger, Könige, Weise und „echte“ liebevolle Liebhaber braucht. Ich versuche es ihm vorzuleben, dass er selbst zu einem gereiften Mann heranwachsen kann.

Nein, es ist noch nicht Alles gut, es muss auch kein Glitzer drauf…..es ist aber viel besser, ehrlicher, entschlossener, ausgeglichener, friedvoller, verbindlicher und schöner. Meine Sucht habe ich unter Kontrolle. Die Kraft für diesen Weg gibt mir alleine Gott der Vater! Das ist meine wahre Erkenntnis.

Einst war ich ein Junge, und dachte wie ein Junge, jetzt bin ich ein Mann und lebe als Mann.

Vom Trüben und Steinigen…..

…..ins Klare und Wegweisende.

Danach

Ein Mann, der selbst initiiert wurde, hat mir mal erzählt, dass eine Initiation dadurch gekennzeichnet sei, dass es ein eindeutiges „Davor“ und ein davon deutlich abgegrenztes „Danach“ gäbe. Meine Initiation nach Richard Rohr durch die Brüder von Männerpfade ist jetzt gut ein Jahr her. Und ich frage mich immer mal wieder: „Was ist mein ‚Danach‘?“ Gab es ein eindeutiges, klar abgegrenztes „Davor“?

Ich habe noch keine Antworten darauf. Ich glaube nicht, dass ich mich oder etwas seitdem großartig verändert hat. Ich bin immer noch ich. Mein Haus, mein Auto, meine Familie… alles beim Alten.

Von einem anderen Mann habe ich mal gehört, dass das Leben ihn initiiert hat.

Die Erfahrungen, der Schmerz, die Brüche, die ein Mann erlebt, prägen ihn, sein Leben, sein Wesen und seine Sicht auf die Welt. Was bleibt von solchen Erlebnissen hängen? Was ist nach dem Bruch? Was kommt „danach“?

Geschichten aus meinem Leben

Ich möchte euch gerne drei Episoden aus meinen frühen Lebensjahren erzählen.

Als ich noch ein Kind war, bin ich einmal nachts aufgewacht, weil ich Angst hatte. Ich bin die knarzende Holztreppe zum Schlafzimmer meiner Mutter heruntergelaufen.

„Mama, ich hab’ Angst.“ „Was ist denn los?“ „Ich habe Angst vor dem Tod.“

Damals war die Angst für mich als Kind ganz gegenwärtig und real. Sie hat mich gelähmt. Ich war völlig aufgelöst. Das war der erste Moment, an den ich mich erinnern kann, in dem ich richtig große Angst vor dem Tod hatte.

Meine Mutter hat versucht, mich zu beruhigen. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, was sie gesagt hat. Ich weiß nur noch, dass ich auf ihrem Schoß saß und sie mich nach einiger Zeit wieder ins Bett brachte. Nach einer Weile schlief ich wieder ein.

Als Jugendlicher wurde mir langsam klar, dass niemand wirklich weiß, wie „das Leben funktioniert“. Als Kind dachte ich, dass ich nur alt genug werden muss, dann erklären mir die Erwachsenen schon, was das alles hier auf sich hat. Dann bekomme ich Antworten auf all meine Fragen:

Warum lebe ich? Und warum muss ich eigentlich sterben? Welchen Sinn hat das Leben? Was ist der Sinn von allem?

Ich dachte, die Erwachsenen wissen das. Als junger Mann habe ich dann gemerkt, dass niemand auf der Welt weiß, was das alles hier zu bedeuten hat, wie das Leben funktioniert und was es heißt, hier in diesem Universum zu leben.

Als mir das bewusst wurde, war ich ziemlich enttäuscht. Bis dahin dachte ich immer, die Erwachsenen wüssten all das. Schmerzhaft stellte sich das für mich nun als Illusion heraus.

Als junger Erwachsener war ich ziemlich unglücklich über das Ende meiner ersten „Beziehung“. Ich war einfach unzufrieden mit mir, meinem Leben, meiner Ausbildung und so weiter. Irgendwie war ich mit allem unzufrieden. Mit der Zeit ging es mir immer schlechter, also habe ich mir professionelle Hilfe gesucht. Die habe ich zwar letztendlich bekommen, aber leider erst nach einer sehr langen Wartezeit. Diese schwere seelische Krise war ein tiefer Einschnitt in meinem Leben. Sie beschäftigt mich bis heute.

Brüche davor, Fragen danach

Die drei Episoden stehen für einige Brüche in meinem Leben. Geplatzte Träume, leidvolle

Momente, unerfüllte Sehnsüchte…

Haben diese Erlebnisse mich „initiiert“, mich zu dem gemacht, der ich heute bin? Auf jeden Fall haben sie mich geprägt und wirken sich bis heute aus.

Manchmal überkommt mich immer noch die Angst vor dem Tod.

Die unbeantworteten Fragen zum Sinn des Lebens beschäftigen mich nach wie vor.

Ich habe gelernt, mit den Erlebnissen „umzugehen“. Meine Fragen, meine Ängste, meine Sehnsüchte, meine Träume… Ich schiebe sie zur Seite, rede sie klein, höre nicht hin, lenke mich ab, verdränge sie.

Die Erlebnisse haben dazu geführt, dass ich mich verändert habe. Insofern waren sie der Beginn von etwas Neuem, von etwas „Initialem“. Aber fühle ich mich jetzt, nach diesen Erfahrungen („danach“) initiiert? Eher nicht, würde ich sagen.

Was ich erlebt habe, ist einzigartig und gilt nur für mich. Ich bin einfach anders als alle anderen auf der Welt. Damit bin ich wohl der einzige Mensch im Universum, der so denkt und fühlt. Ich komme mir wie ein Alien vor, ziemlich fremd und allein in dieser Welt.

Und wie sah es vor einem Jahr aus? Was war vor meinem Aufbruch zur Initiation („davor“)? Was „danach“?

Ich weiß es nicht mehr so genau. Ich weiß nur noch, dass es sich richtig angefühlt hat, sich auf den Weg zu machen. Ich wollte mich darauf einlassen und etwas Neues wagen.

Klar, ich wusste nicht, ob sich durch die Initiation was ändert, ob mein Leben anders ist, ob ich anders bin oder werde. Und ehrlich gesagt weiß ich das heute auch (noch?) nicht so genau. Ich bin immer noch ich.

Aber inzwischen habe ich das Gefühl, dass sich im Vergleich zu „davor“ etwas geändert hat. Ich kann es nicht wirklich in Worte fassen. Es ist keine große Veränderung, kein deutlich spürbarer Umbruch in ein (davon klar abgegrenztes) „Danach“.

Ich kann das ganz gut mit dem in Verbindung bringen, was ich auch manchmal von anderen initiierten Männern höre. Die Initiation war sozusagen der Startschuss, der Anfang von etwas Neuem. Ich kann mich immer wieder neu und anders auf den Weg machen. Ich nehme mich selbst mehr wahr, versuche aufmerksamer, fühlender, offener und liebevoller zu sein. Und verbundener – mit mir und mit anderen.

Ich empfinde das Ganze als einen Prozess. Vor allem fühle ich mich nun mit anderen Männern, mit meinen Brüdern von Männerpfade verbunden. Besonders mit denen, die sich vor einem Jahr mit mir auf den Weg gemacht haben und sich getraut haben, sich einzulassen – ohne zu wissen, was „danach“ passiert.

Meine Fragen nach dem Sinn, meine Ängste, meine Gefühle, meine Trauer, mein Leid, meine Wut … All das ist weiterhin da, wenn ich auf mich und die Welt sehe. Und dadurch fühle ich mich manchmal schon wie ein Außenseiter, irgendwie komisch und sonderbar.

Ich habe jetzt aber endgültig verstanden (und erlebt!), dass ich mit solchen Fragen nicht allein bin. Ich bin nicht der einzige, der sich mit Gefühlen und Problemen konfrontiert sieht, die sich nicht einfach lösen oder beantworten lassen und einen schnell überfordern können – nicht nur mich.

Ich weiß, dass ich all das auf besondere Art und Weise teilen kann. Ich habe erfahren, wie man(n) sich verbunden fühlt, wenn man(n) sich zeigt, mitfühlt und seinem Gegenüber vertraut. Ich habe erlebt (gespürt und geschenkt bekommen), wie Männer sich öffnen und sich von bestimmten Dingen tief im Inneren berühren und anrühren lassen. Ich weiß, dass ein neuer Raum, heilend, heilig und heil, entstehen kann. Diese Erkenntnis ist für mich unendlich wertvoll.

Wenn es ein eindeutiges, klar abgegrenztes „Danach“ gibt (was ich bezweifle), gehört für mich dazu:

– Ich habe gelernt, wie Männer sich auf besondere Weise tief verbinden können. So etwas kannte ich „davor“ nicht. Ich finde es immer wieder erstaunlich und ein echtes Geschenk, wenn das passiert.

– Ich bin nicht allein mit all den Lebens- und Sinnfragen (und insbesondere kein „Alien“ 😉

– Ich versuche, freundlicher zu mir und meinen „Störenfrieden“ (Trauer, Ängsten, Fragen, Wut, unerfüllte Träume…) zu sein. Ich möchte lernen, sie als Wegbegleiter anzunehmen und (vielleicht sogar später mal) als Ratgeber hinzubitten.

Und wie ist es bei dir mit all deinen Fragen?

Hast du schon mal ein einschneidendes (initiales) Erlebnis gehabt, das dein Leben verändert hat? Und denkst du, dass „danach“ irgendwas anders war?

L. P.

Männerinitiation – Versuch einer Klärung

Was für ein Wort. Was soll das denn sein? Kann man das denn nicht verständlich ausdrücken?

Ein Versuch:
Wie ist mein Leben eigentlich? Bin ich zufrieden? Wofür mache ich das denn alles? Wer dankt es mir?

Wichtige Fragen, die im Alltag meist keinen ernsthaften Platz haben und für die auch die Gesprächspartner fehlen. Und doch kommt die ein oder andere Frage immer mal wieder an die Oberfläche und wird dann meist wieder verdrängt. Aktivität ist das Verdrängungsmittel das hilft, hoffentlich. Denn wenn das nicht (mehr) funktioniert, dann kommen die Süchte: Fernsehen, Internet, spielen, Alkohol, Sex …

Doch das fatale ist, dass die Fragen damit nicht beantwortet werden und dadurch immer wieder auftauchen. Verdrängung macht nicht satt. Aber was nährt?

Die Fragen weisen eigentlich schon den Weg. Was mich nährt ist Verbundenheit. Mich nicht alleine fühlen, jemanden haben, der mir das Gefühl gibt, dass ich nicht der Einzige bin, der sich mit diesen oder ähnlichen Fragen herumquält, oder sich von den unbeantworteten Fragen quälen lässt. Es braucht den Mut sich einzugestehen, dass diese quälenden Fragen mein Leben belasten.

Und dann?
Dann braucht es einen Platz, wo Du Dich so sicher fühlst, dass Du es Dir erlauben magst, Dich zu öffnen. Mitteilen, wie es Dir geht. Mitgefühl entwickeln für sich selbst und für andere. Es kann Verbundenheit entstehen, wenn Du es schaffst, ehrlich zu Dir zu sein.

Die Kraft der vielen Rituale bei der Männerinitiation, die Zeit der Stille, das sich zeigen und erleben wie andere sich zeigen, die Intensität von 4 Tagen und Nächten, der Aufenthalt in der Natur; all das trägt dazu bei, dass Du auf dem Weg zu Dir vorankommst. Werden, der Du wirklich bist … ist das Motto.

Man kann dies auch spiritueller oder esoterischer ausdrücken, aber im Grunde geht es darum, dass Du Deiner inneren Stimme etwas mehr zuhörst.

Und das passiert, wenn Du den anderen mit offenem Herzen zuhörst. Dann spürst Du Deine inneren Reaktionen auf das gehörte. Spürst, was Dich auch berührt, und Du und die anderen werden erkennen können, dass keiner alleine damit ist. Es ist auszuhalten in der Gemeinschaft, dass wir alle auf der Suche sind und keineswegs immer wissen, wo es lang geht. Du hast die Chance, dabei zu sein. Wir sind alles Männer, die die Initiation selbst erlebt haben und das, was wir bekommen haben, auch Dir ermöglichen wollen. Es ist unser Geschenk, unser Dank, dass wir das ehrenamtlich machen.

Und danach?
Vielleicht korrigierst Du Deinen Kurs um 1 oder 2 Grad. Stell Dir vor, wieviel Unterschied dies in 10 Jahren macht. Du stehst dann an einem ganz anderen Punkt als ohne Kurskorrektur. Und manch einer von uns hat das Gefühl, dass die Kurskorrektur sein ganzes Leben verändert hat.

Was bleibt?
Die Fragen bleiben. Die innere Stimme wird sich vermutlich sogar öfter bemerkbar machen. Aber das ist nicht mehr so schlimm. Du musst sie nicht mehr so oft verdrängen. Du kannst Dich diesen wesentlichen Fragen stellen, die zu mehr Zufriedenheit, zu mehr Glück, zu mehr Menschlichkeit führen. Und wenn Du es willst, dann bleibt auch die Beziehung zu den anderen Männern erhalten. Du musst Deinen Weg nicht mehr alleine gehen. Vielleicht merkst Du den Unterschied zwischen Alltag (wo kaum tiefe Gespräche möglich sind) und den Austausch mit den anderen Männern, die auch bereit sind, sich offen auszutauschen, weil sie wissen, wie nährend das ist.

Ich und alle Teamer laden Dich zur Männerinitiation nach Richard Rohr ein.
Und wenn Dir das hilft: Raff Dich auf und komm.

Josef Riederle

PS: Es gibt das Open Council und die Infoveranstaltungen online. Du bist willkommen und kannst kostenlos und unverbindlich reinschnuppern.

PPS: Ich freue mich über Kommentare. Wie lauten Deine Fragen? Was zieht Dich an? Was findest Du abschreckend?

Initiiert – und nun?

(M)ein steiniger Weg

Wenige Tage nach meiner Initiation im Juli wollte ich eine Art Erfahrungsbericht für diesen Blog schreiben. Das war die Idee. Im September habe ich dem Admin hier angekündigt, einen Blogbeitrag zu schreiben – wohl auch, um mir etwas Druck zu machen, endlich anzufangen. Jetzt im Februar – mehr als ein halbes Jahr nach der Initiation – sortiere ich zum x-ten Mal meine Gedanken und versuche sie in einen Text zu gießen. Vermutlich braucht es einfach Zeit, das Erlebte und meine Gefühle dazu, zu sortieren und in Worte fassen zu können. Außerdem brauche ich generell für viele Dinge (alle?) sehr, sehr, sehr… viiieeeel Zeit, gefühlte Ewigkeiten. Leider (?) Gottes habe ich diese Eigenschaft an meinen Sohn „vererbt“. Bei ihm treibt sie mich regelmäßig zur Weißglut (und wie…)

Vielleicht braucht es auch einfach nur diese Zeit, um meinen Stein zu finden. Später mehr dazu.

Was nun also? Ich bin initiiert. Und jetzt?

Kurz gesagt:

Ich habe absolut keine Ahnung. 🙂 Ich habe wahrscheinlich mehr Fragen als vorher – mit Sicherheit auch welche, die ich (mir) vorher (noch) nicht gestellt habe, und welche, die ich mich (früher) nicht getraut habe (mir) zu stellen.

Ich versuche mich mal an (m)einer Antwort auf die Frage „Und nun?“:

Die gemeinsamen Tage der Initiation unter vielen Männern haben mich sehr berührt und nachhaltig beeindruckt.

Begeistert von dieser Erfahrung wollte ich einen „Tschakka-Text“ für den Blog schreiben: „Yeah, ich war dabei. Jetzt wird alles anders. Ich habe gleichgesinnte Männer getroffen, kennen und schätzen gelernt. Ich bin nicht allein. Jetzt wissen wir wie es geht. Auf geht’s, los! Jetzt wird alles gut.

Ein paar Wochen später fühlte sich das alles schon anders an.

An das Erlebte konnte ich nicht mehr anknüpfen. Eine gewisse Enttäuschung und Traurigkeit machte sich in mir breit. Ich wollte die Eindrücke, Gefühle, Gespräche, unsere Gemeinschaft unter Männern… – alles – konservieren und festhalten.

Ich versuchte Kontakt zu anderen Männern, zu „meinen“ Männern aufzunehmen: per E-Mail, per Telefon, über ein Forum. Das war nicht dasselbe. Ich wollte meine Erinnerungen wach halten. Ich war doch so begeistert und berührt. Die wohligen Gefühle verblassten immer mehr.

Ungefähr in dieser Zeit kündigte ich dem Admin diesen Text an – wohl auch mit der Hoffnung, die Erfahrungen im Sommer wieder auffrischen, mich wieder mit dem Erlebten verbinden zu können, wieder zu fühlen. Irgendwann in dieser Zeit muss ich dann meinen Stein gefunden haben.

Er lag mitten in der Stadt am Straßenrand direkt vor meinen Füßen.

Sofort verband ich mit ihm etwas, das mir jemand während meiner Initiation schenkte. Das gefiel mir, ich steckte den Stein ein. Ich verband damit die Hoffnung, mich besser, öfter, einprägsamer an die bewegenden Tage im Sommer erinnern zu können. Jedes Mal, wenn ich ihn in die Hand nahm, wollte ich mich erneut berühren lassen, meinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen, es anschubsen.

Ein Stein des Anstoßes?

Trotz dieser handfesten „Merkhilfe“ rannen mir die angenehmen Erinnerungen wie Sand durch die Finger. Ich wollte sie so gerne (im Herzen) bewahren und das gelang mir nicht. Irgendwie schien es nicht machbar, unmöglich zu sein, sie festzuhalten. Und dann kam der Herbst: immer kürzere Tage, trübe Tage, immer mehr Dunkelheit.

Ganz anders als sonst merkte ich in diesem Jahr – zu meinem Erstaunen – wie sich der Spätherbst auf mein Gemüt auswirkte. Mit der sich ausbreitenden Dunkelheit wurde meine Stimmung von Tag zu Tag düsterer. Ich schlief schlecht, machte mir viele Gedanken, alles war eingetrübt. Mit den immer kürzeren Zeiten von (Tages-)Licht, wurde ich melancholischer, immer mehr Trübsal und Schwermut machten sich breit. Meine Lebensenergie und -freude vom Sommer schwand und schwand.

Das war hart – für mich und für mein direktes Umfeld. Sehr hart. Auf eine gewisse Art und Weise war ich erstarrt – zu Stein geworden.

Hart wie mein Stein?

Diese Phase ist nach wie vor noch nicht komplett vorüber. Aber inzwischen habe ich das Gefühl wieder, Boden unter die Füße zu bekommen. Das fühlt sich gut an und macht mich zuversichtlich. Die Wintersonnenwende ist – zum Glück – passé. Die Tage werden wieder länger. Es wird immer heller. Licht.

Danach sehne ich mich. Nach Licht, nach Sonne, nach Wärme.

Nach Erwachen, nach Wachsen, nach Gemeinschaft, nach Austausch, nach Tiefe, nach Berührung…

Irgendwie so wie ich mich im Sommer mit „meinen“ Männern bei der Initiation fühlte.

Seit dem Spätsommer begleitet mich mein Stein auf Schritt und Tritt – jederzeit griffbereit in meiner linken Hosentasche. Auf jedem Weg ist er dabei. Mein Stein gibt mir Halt, Festigkeit, Standhaftigkeit – eine gute Basis, um mit mir in Kontakt zu sein, mit mir in Verbindung zu gehen, wenn ich ihn in die Hand nehme. Und mein Stein ist eine wunderbare „Merkhilfe“, mit dir, lieber Bruder, gemeinsam auf dem (Pilger-)Weg und verbunden zu sein.

Nachwort

Vor einigen Tagen habe ich meinen Stein verloren.

Ich vermute, dass er mir aus der Hosentasche gerutscht ist, als ich meinen Schlüssel herausgeholt habe. Ich hatte mich auf eine Bank in die Sonne gesetzt und wollte die Wärme genießen. Einen Tag später fiel mir auf, dass mein Stein weg ist. Wo konnte er nur sein? Ich war traurig. Kann ich ihn wiederfinden? Wo soll ich ihn suchen?

Ich habe mich entschieden ihn nicht zu suchen. Von meinem Stein habe ich mich verabschiedet. Vielleicht soll es so sein.

Ich interpretiere es so: ich brauche meine Merkhilfe nicht mehr. Nun „schleppe“ ich ein Ding weniger mit mir herum, eine „Last“ ist „abgefallen“. Vielleicht ist es eine Übung loszulassen, nicht an Dingen festzuhalten. Vielleicht ist es ein Hinweis, die Idee an sich von dem „Ding“ zu unterscheiden. Der Stein steht nur für die Erinnerung an die Initiation, an die Gemeinschaft, den Kontakt und die Verbindung, der Stein ist nur ein Symbol. Gemeinschaft, Kontakt und Verbundenheit finde ich nicht im oder mit dem Stein. Ich glaube viel mehr der Verlust soll mir sagen: Trau dich, lass los. Du kannst auch so mit dir, mit Männern, mit der Schöpfung in Kontakt gehen, dich verbinden und eins werden.

P. S. Während der Initiation war ich ich mit „meinen“ Männern in der Gruppe „Petrus“ – der Fels, das Fundament. Vielleicht ist mein Stein ein kleiner Fels, eine Basis, auf der ich etwas (auf-)bauen kann. Sicher keine Kirche ;-), aber vielleicht mehr Verbundenheit mit mir und der Welt.

P. P. S. Vielleicht hat auch meine erste Teilnahme an der Ratsversammlung Anfang diesen Jahres dazu beigetragen, leichter in Kontakt mit mir und den anderen Männern zu kommen. Aber nur vielleicht. 😉

Männer, ich spüre die Verbundenheit. Danke!

L. P.