Auf der Suche nach Gemeinschaft

von Manfred Richter

Auf eine Empfehlung hin habe ich mir ein Buch gekauft. Dabei hatte mein Gegenüber gar nicht von dem Buch erzählt sondern von seiner Erfahrung von einem Gemeinschaftswochenende. Die Begleiter des Wochenendes verwendeten die Methode von M. Scott Peck. Es flossen viele Tränen an dem Wochenende. Und es wurden einige Verwicklungen gelöst.
Diese Informationen brachten mich auf die Suche nach der „Methode“ und somit zu dem Buch Gemeinschaftsbildung von M. Scott Peck.

Das Geschenk des Rabbis

Das Buch beginnt mit einer Geschichte.
Die Geschichte handelt von einem Kloster, welches gerade schlechte Zeiten erlebte. Es gehörte zu einem einstmals großen Orden, aber infolge von wiederholter antiklösterlicher Verfolgung im 17. und 18. Jahrhundert und durch die aufkommende Säkularisierung im 19. Jahrhundert wurden alle Bruderhäuser zerstört, und es waren schließlich nur noch fünf Mönche im verfallenden Mutterhaus übriggeblieben: der Abt und vier andere, alle über 70 Jahre alt. Es war eindeutig ein sterbender Orden.
In den tiefen Wäldern, … (hier geht es zur kompletten Geschichte)

Wir leben mehr oder weniger bewusst in einer oder auch mehreren Gemeinschaften. Und wir sind auch immer wieder auf Suche nach Gemeinschaft.

Ich habe in den letzten Jahren viele Gemeinschaften erlebt, unter anderem in meinen Weiterbildungen. Das waren meist Gemeinschaften auf Zeit, also immer genau für die Tage, in denen wir zusammen waren.
Das Gemeinsame an all dem Zusammensein war das Sitzen im Kreis. Unser Lernen fand immer – wenn wir nicht gerade in der Natur waren – im Kreis statt. Unsere Lehrer und Ausbilderinnen hatten in diesem Kreis keinen herausgehobenen Platz, er oder sie war Teil des Kreises wie wir.
Und eine andere Gemeinsamkeit gab es auch: die Mitte. Es gab immer eine Mitte, manchmal vom Lehrer / der Ausbilderin gestaltet, machmal auch von uns ergänzt. Diese Mitte weist uns darauf hin, dass es nicht allein um uns geht, dass es da noch etwas mehr gibt – seien das nun die anderen Lebewesen, mit denen wir die Erde teilen oder etwas, dass uns auf das hinweist, was über unseren kleinen Horizont hinaus existiert, Himmel und Erde, Gott und Geist – was auch immer.
Ein Drittes war den Kreisen gemeinsam: das Zuhören. Ob nun mit oder ohne Redestab – wer das Wort hatte, sprach und die anderen hörten zu, achtsam, aus dem Herzen. Manchmal war das, was im Kreis gesprochen wurde, vertraulich und dann wurde diese Vertraulichkeit auch gewahrt.
Zwei weitere Dinge habe ich in diesen Kreisen erlebt – gemeinsames Singen und Humor. Ja, wir haben oft gelacht. Das tat gut und auch bdas verband.
Und noch ein weiterer Punkt: Rituale. Diese Runden im Kreis beinhalteten immer auch Rituale – sei das nun Räuchern, gemeinsames Schweigen, Begrüßungs- und Verabschiedungszeremonien.
Und ein Letztes: es waren Gemeinschaften auf Zeit. Wenn „das Ziel“ erreicht war machte sich jeder von uns wieder auf seinen Weg. Manchmal blieb eine Verbindung erhalten, machmal wurde eine Freundschaft daraus. Aber diese Gemeinschaft war zu Ende.

So bin ich in den Jahren in Gemeinschaften hineingekommen und Gemeinschaften gingen zu Ende, manchmal, eher selten, blieben Freundschaften. Und so bleibe ich wohl immer auf der Suche nach Gemeinschaft.

Männerpfade … for future ?

von Walter Altmannsberger

Der Sommer geht zu Ende und es war ein Sommer der Extreme:

Hitzewelle von Griechenland bis Spanien, bis zu 47 Grad und verheerende Waldbrände.

Hier bei uns in Deutschland sintflutartige Regenfälle und lokal begrenzte, zerstörerische Überschwemmungen. Mehr als 180 Menschen haben über Nacht ihr Leben verloren.

Das ist wirklich extrem, doch wer die Nachrichten liest, findet solche Meldungen zu Hauf.

Überall auf der Welt „spielt das Wetter verrückt“. Wirklich nur das Wetter?

Nach Aussage der Experten des Weltklimarates sind das bereits ununmkehrbare Auswirkungen des Klimawandels. Jetzt ist es nur noch möglich, die Erderwärmung nicht noch weiter ansteigen und ihre Auswirkungen für unser Kinder und Kindeskinder nicht noch schlimmer werden zu lassen.

Schlimm ist nicht nur, was passiert. Schlimm sind dabei auch die benutzten Worte wie etwa „Klimawandel“, weil diese Worte nur die dramatische Bedeutung verschleiern (oder ist eine Sondermülldeponie wirklich ein „Entsorgungspark“?).Verharmlosen wir, um die schlechten Nachrichten nicht hören zu müssen? Um dem Druck einer Veränderung ausweichen zu können?

Was braucht es, damit wir aus dieser egoistische Unanständigkeit herausfinden? Was braucht es, damit wir Menschen, die „Krone der Schöpfung“, bereit und in der Lage sind, diese Klimakatastrophe anzuerkennen und eine angemessene Medizin zu entwickeln?

Vor allen anderen Dingen braucht es eine Veränderung unseres Fühlens. Wenig hilfreich ist es dabei aber, Panik zu schüren oder Gruselszenarien von untergehenden Küstenstädten zu verbreiten.

Was wirklich hilft, ist die innere Arbeit, die wir als Weg vom kleinen Selbst zum wahren, innersten Kern, kennengelernt haben. Weg von der Illusion der isolierten Individualität, hin zur Wahrheit des verbundenen Seins. Es ist der Weg, den wir in der Initiattion nach Richard Rohr gegangen sind. Durch die Destabilisierung unseres Selbstbildes, durch die Bewusstwerdung unseres Schmerzes bis hin zur heilsamen Wiederverbindung mit der Schöpfung und die Erfahrung unserer Brüderlichkeit.

Erst aus diesem neuen Bewusstsein der Verbundenheit mit allen Formen des Lebens, mit all den so anders wirkenden „Anderen“, kann Wertschätzung, Achtung und Mitgefühl entstehen. Diese neue Sicht auf uns selbst und unsere Mit-Welt kann zu einer Quelle der Dankbarkeit werden, für das Geschenk des Lebens um uns herum: Wasser, Erde, Licht und Luft.

Wenn wir das Gefühl der Wertschätzung und Dankbarkeit pflegen, wenn wir die Schöpfung um uns herum als Wunder-voll, als heilig begreifen können, dann sind wir auch bereit, sie zu schützen und zu bewahren. Unsere innere Arbeit ist der fruchtbare Boden, aus dem Engagement für die Schöpfung, und damit für die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder erwachsen kann.

Letzte Woche haben sich wieder 52 Männer auf diesen Weg der Initiation ins wahre Mannsein eingelassen und ihr Versprechen gegeben: Als initiierter Mann zu leben. Verantwortungsvoll, mitfühlend, lebendig und mutig. Ein Mannsein in Fülle.

Wenn wir alle dieses neue Bewusstsein wach halten, dann können wir einen wichtigen Beitrag für die Bewahrung der Schöpfung tun.

In diesem Sinne: Männerpfade for future!

Leipzig, 18.8.21

Herzlich, Walter

Werden, der du wirklich bist

von Manfred Richter

Vom 11. bis 15. August 2021 findet in der Nähe von Fulda die Männerinitiation nach Richard Rohr statt.
ich habe meine Initiation 2009 erlebt – im Kreis von 120 Männern. Das hat mein Leben nicht komplett verändert – bei mir war es eher eine „Initialzündung“, ich habe mich auf dem Weg gemacht um herauszufinden, was meine einzigartige Aufgabe hier auf dieser Welt ist. Der Punkt ist nicht, diese Aufgabe zu finden und zu sagen: Ja, das ist es. Das Wichtige für mich war das Unterwegssein, neue Dinge zu lernen, viele verschiedene Menschen kennen zu lernen und vielleicht ein paar „alte Sachen“ hinter mir zu lassen, mich von Ggenständen zu trennen, die mir nicht mehr gut tun. Ich habe seitdem viel in Kreisen gesessen und wir haben unsere Geschichten erzählt und den Geschichten der anderen gelauscht. Oft waren es Männerkreise und manchmal auch Kreise von Frauen und Männern. Ich habe gelernt, den anderen aus dem Herzen zuzuhören und selber auch aus dem Herzen zu sprechen. Es war fröhlich in der Runde, wir haben herzhaft gelacht und auch miteinander gelitten und Tränen geweint. Bei Wildniswissen habe ich „die große Danksagung“ kennen und schätzen gelernt, sie kann dem Treffen wirklich eine Richtung geben.
Für die Männerinitiation sind noch Plätze frei. Wenn du dich gerufen fühlst oder einem anderen Mann das unbedingt empfehlen möchtest – tu es jetzt. Es gibt einen Anmeldeschluss, das hat organisatorische Gründe – schick uns einfach eine Mail, wir werden sehen, was sich noch machen lässt.
Alle Infos findest du hier.

Männerpfade auf dem Wasser

von Jochen, Thomas und Uwe

Wir, Jochen, Thomas und Uwe sind in der letzten Woche in der Südsee unterwegs gewesen, in der Dänischen Südsee genau gesagt, und das Wetter war tatsächlich tropisch, warm und mit wenig Wind.

Du hast nicht die Kontrolle – eine Wahrheit der Initiation hat uns dort eingeholt: Nach Wetterbericht und vorhergesagter Windrichtung wollten wir segeln, aber der Wind machte nicht mit. Stattdessen bekamen wir ein Gefühl für unglaubliche Langsamkeit, die mit einem Bad mitten in der spiegelglatten kalten See aufgelockert wurde. Unser Motor hat uns schließlich aus der Ruhe gerissen und uns doch noch an wundervolle neue Orte gebracht.

Die Elemente Wasser und Wind, in unserem Alltag wenig präsent, haben die Woche bestimmt. Am letzten Tag wurde dann der Wind für die ganze Woche nachgereicht. Beeindruckend, wie viele verschiedene Farben das Wasser annehmen kann – und wie schräg ein Boot stehen kann ohne umzukippen. Du kannst Vertrauen. Auch eine Botschaft, die erinnert wurde.

Gemeinschaft initiierter Männer: Diese Verbindung schafft Zuversicht: wir werden miteinander klar kommen. Und mehr als das: intensive, tiefgründige Gespräche, in denen wir Neues voneinander erfahren.

Zogen einst fünf wilde Schwäne.. tapfer versuchten wir dieses Lied immer wieder zu erinnern, am Morgen des letzten Segeltages flogen sie dann tatsächlich vorbei: Fünf wilde Schwäne, leuchtend weiß und wunderschön – und dann hatten wir auch das Lied zusammen.

Schale der Liebe


Wenn du vernünftig bist, erweise dich als Schale, nicht als Kanal – , der Kanal empfängt und gibt fast gleichzeitig weiter, während die Schale wartet, bis sie gefüllt ist.
Auf diese Weise gibt sie das, was bei ihr überfließt, ohne eigenen Schaden weiter.

Lerne auch du, nur aus der Fülle auszugießen, und habe nicht den Wunsch, freigiebiger als Gott zu sein. Die Schale ahmt die Quelle nach.
Erst wenn sie mit Wasser gesättigt ist, strömt sie zum Fluss, wird sie zur See.

Du tue das Gleiche! Zuerst anfüllen und dann ausgießen. Die gütige und kluge Liebe ist gewohnt überzuströmen, nicht auszuströmen…
Ich möchte nicht reich werden, wenn du dabei leer wirst. Wenn du nämlich mit dir selber schlecht umgehst, wem bist du dann gut?
Wenn du kannst, hilf mir aus deiner Fülle; wenn nicht, schone dich.

Bernhard von Clairvaux

„Nichts zu danken“?

von Manfred Richter

Ich erlebe es oft, wenn ich mich bei einem Menschen für etwas bedanke:
„keine Ursache“ sagt der Mensch – und das ist so eine seltsame Redewendung.
Eine Redewendung, die nicht stimmt, denn es gab eine Ursache für meinen Dank.
Selbst wenn ich sage: „danke, dass du da bist“ gibt es einen Grund, eine Ursache für meinen Dank.

Am vergangenen Sonntag wurde der Muttertag gefeiert. Ich hatte am Morgen – ich war ohnehin am Schreiben – die Idee, einen Dank an meine Mutter aufzuschreiben. Und das wurde dann eine richtig gute Geschichte. In der letzten Zeit hatte ich mich auch sehr damit beschäftigt, was in meiner Kindheit nicht so gut gelaufen war und da war viel Kritik an meiner Mutter dabei. Aber an dem Morgen ging es um einen Dank ohne Einschränkung. Das hat mich verändert. Plötzlich stand nicht mehr die Kritik im Vordergrund sondern der Dank.

Heute nun, zu Himmelfahrt, dieser Tag wird auch als Männer- und Vatertag gefeiert: heute war der Dank an meinen Vater „dran“. Das war etwas schwieriger, aber ich habe dennoch viele Dinge gefunden, wofür ich meinem Vater dankbar bin. Und auch hier steht der Dank jetzt vor der Kritik.

Im vergangenen Jahr habe ich mein Berufsleben beendet und zu diesem Anlass gab es ein Fest und zu diesem Fest wollte ich den verschiedensten Menschen danken: meiner Familie, meinen Arbeitskollegen, den „Auftraggebern“, den Architekten und Ingenieuren und den Handwerkern und Restauratoren. Und ich hatte es mir so gedacht, dass ich die jeweilige Gruppe nenne, die Menschen sich vorstellen und ich ihnen dann meinen persönlichen Dank ausspreche. Soweit die Idee – nur: es kam ein klein wenig anders. Eigentlich sollten die vielen Menschen in ihrer Einzigartigkeit bei mir im Mittelpunkt stehen und plötzlich war ich es, der im Mittelpunkt stand: jede(r) aus der Runde dankte mir für etwas Besonderes in der Zusammenarbeit in den vielen Jahren. Der Dank am Anfang gab dem Fest eine besondere Richtung – und es wurde ein sehr fröhliches Fest.

Und ich will noch ein anderes Beispiel erzählen – wo es eben nicht so war. Eine Gruppe von 5 Männern, wir hatten gemeinsam ein Projekt „gestemmt“ und jetzt ging es darum, mit einem Blick aus dem Abstand noch mal drauf zu schauen. Und es wurde viel kritisiert und Verbesserungsvorschläge gemacht. Am Ende blieb ein etwas schales Gefühl: das Projekt war nicht gewürdigt worden.

Fällt es uns Männern schwer, Danke zu sagen?

Männerpfade im neuen Outfit

von Thomas Andresen

Seit kurzem ist die neue Website von Männerpfade online. Ich habe schon mal auf ihr „gestöbert“.
In klarer Sprache und übersichtlicher Form informiert sie über die Ziele von Männerpfade. Für mich ist sie sehr inspirierend und ich wünsche ihr, dass möglichst viele Männer durch sie auf Männerpfade aufmerksam werden, die Angebote genutzt werden und ein reger Austausch stattfinden wird.
An dieser Stelle ein großer Dank an die „guten Geister“, die viele Stunden investiert haben, um das neue Outfit zu kreieren.
Genauso viel Dank gilt den Männern, die bisher für das Gelingen der „alten“ Website verantwortlich waren.
In brüderlicher Verbundenheit
für den Hüterrat
Thomas

PS: Hinterlasst gern einen Kommentar oder schickt eure Wünsche und Anregungen an das Team Website

Awakening Brotherhood

von Andreas Poschinger

Awakening Brotherhood, das war das Motto bei Eurosoul vergangenen Freitag und Samstag.
Aber wie übersetze ich es auf Deutsch? Bruderschaft erwecken? Oder „Erwachende Bruderschaft“?
Mir ist es seit einiger Zeit wichtig, bei Eurosoul dabei zu sein. Vor ein paar Jahren habe ich Angst bekommen, dass Europa wieder zerfallen könnte: Brexit, Flüchtlingsverteilung, Hilfsgelder.
Immer wieder mal merke ich auch in mir selber Ressentiments. Vor ein paar Jahren bin ich an den „Rauchröhren“ Klettern gegangen. Am Parkplatz waren sonst nur Autos mit tschechischen Kennzeichen.
Wie üblich habe ich die anderen Kletterer gegrüßt, gleich mit tschechischem „Ahoj“, aber
keiner hat geantwortet, auch ein nachgeschobenes „Servus“ war kein Erfolg. Meine innerliche Antwort: „Sch… Tschechen, warum bleibt ihr nicht drüben, wenn ihr noch nicht mal grüßt?“
Ich sehe meine Abneigungen, gestehe sie ein und erkenne sie an (meistens hoffentlich…). Ich glaube aber, dass das allein nicht reicht. Ich glaube, dass ich mich im Rahmen meiner Möglichkeiten auch darum bemühen muss, sie zu überwinden.
Bei Eurosoul finden einige Männer zusammen, denen die Überwindung der Ressentiments sehr wichtig ist. Einer davon ist Pete. Ich fühle mich ihm sehr verbunden, obwohl wir aus ganz unterschiedlichen Richtungen, speziell im Bereich der Spiritualität, kommen. Pete hat bei Eurosoul sinngemäß folgendes gesagt: Wir müssen unsere Geschichten kennen, um zusammen Gemeinschaft zu haben. Wir müssen uns um die Gemeinschaft kümmern, sonst wird sie keinen Bestand haben. Das möchte ich zu einem Kern meines Bemühens machen.
Zum Schluss gab es ein Segensgebet: „… Möge das Feuer, das wir entfacht haben, unsere Zweifel in Vertrauen verwandeln, unser Getrenntsein in Freundschaft, unsere Freundschaft in Brüderlichkeit …“. Mich hat die Reihenfolge Freundschaft-Brüderlichkeit irritiert. Braucht Freundschaft Brüderlichkeit oder Brüderlichkeit Freundschaft? Für mich ist Brüderlichkeit insofern die größere Herausforderung, als dass ich glaube, dass sie ohne Sympathie auskommen sollte.
Ich glaube, dass es essentiell ist, den Nächsten als Bruder anzunehmen lernen. Nicht nur innerhalb Männerpfade, auch nicht nur bei Eurosoul, sondern weit darüber hinaus. Angefangen in der eigenen politischen und ggf. kirchlichen Gemeinde, der Arbeit und so weiter, wo immer wir unterwegs sind, jenseits aller Sympathie, spiritueller Herkunft, Kultur und so weiter. Meine Angst ist, dass es auch unsere innerdeutsche Gesellschaft mittelfristig zerreißt, wenn wir das nicht tun und andere mitnehmen.
Zu unterschiedlich sind unser aller Hintergründe.
Ich komme an den Anfang zurück: „Awakening Brotherhood“ heißt für mich: „Bemühen wir uns [auch jenseits der Sympathie, jenseits einer gemeinsamen Spiritualität, jenseits aller Gemeinsamkeiten] darum, Brüder und Schwestern zu sein“. Bemühen wir uns, uns um die unsichtbare Mitte aller Menschen guten Willens zu versammeln! Sichtbares Zeichen dafür: Das Feuer der Brüderlichkeit, das es bei Eurosoul als eigenen Zoomteilnehmer gab, und um das wir zuweilen stehen und sitzen, auch wenn nur eine Kerze ist. Aho.

Ich wünsche Dir eine gute Zeit und viel Freude mit den länger werdenden Tagen und der wieder neu wachsenden und blühenden Natur!
Falls Du an Jesus glaubst, wünsche ich Dir eine gesegnete Karwoche und im Vorgriff auf den Ostermorgen:
Χριστός ανέστη! Aληθώς ο Κύριος ανέστη!
Christus ist auferstanden! Wahrhaft, der HERR ist auferstanden!
Andreas Poschinger zum Ende des März 2021

Du bist nicht so wichtig

von Andreas Wolff

Die Corona­pan­de­mie stellt für mich neben Ein­schrän­kungen und Lebens­ver­ände­rungen auch einen psychosozialen Prozess dar, der die Ausbreitung der fünf Wahrheiten der Initiation in all ihrer Härte und Radikalität in mir und hoffentlich in anderen befördert!

Der Virus trennt Wesentliches von Unwesentlichem! Er zeigt mir wieviel selbst erschaffenen Ballast ich mit mir herumschleppe. Ein Ballast, der zur physischen, psychischen und spirituellen Erschöpfung führt. Immer wieder falle ich (du auch?) buchstäblich ins Hamsterrad von Existenzoptimierung, Geld verdienen, Besitz mehren, noch mehr Geld verdienen müssen, um Besitzerhaltung und Besitzmehrung fortzusetzen. Auch ich bin Kind unserer Gesellschaft. Die fünf Wahrheiten der Initiation lehren mich, die selbst erschaffenen Probleme und den Ballast eines in die Irre geleiteten Egos hinter mir zu lassen und zum wahren Selbst zu gelangen. Es GENUG SEIN LASSEN ist eine Tugend davon. Ich frage mich, ob ich zu den reifen Männern am Rande der Gesellschaft gehöre, zu den Ermutigern, die dort für die Reifung Anderer kämpfen?

Richard Rohr hat mich mit der dritten Wahrheit der Initiation – Du bist nicht so wichtig – ermahnt:
Demut (englisch humility) ist von zentraler Bedeutung für die menschliche Wahrhaftigkeit und das menschliche Glücklichsein. Du bist aus der Erde (Humus) geformt, deine einzige Würde besteht darin, dass du ein menschliches (humanes) Wesen bist, das von Gott innig geliebt wird. Alles andere ist (sinnloses) Beiwerk. Du schuldest dem Leben, der Schöpfung, den Anderen, dir selbst und Gott Respekt. Aber erwarte und fordere diesen Respekt nicht von Anderen. Du hast nicht das „Recht“ auf irgendetwas, außer dem Recht, das dir das Evangelium gibt: zu lieben und zu vergeben.

Ken Wilber stellt in seiner integralen Theorie folgende drei Fragen:
Dient es mir?
Dient es meiner Gruppe?
Dient es dem Großen und Ganzen?

Zwei Menschen mit ganz ähnlichen Intensionen zur selben Thematik. Beide ermutigen mich, ein wahres sinnstiftendes Leben zu führen, das mich, meine Mitmenschen und die gesamte Schöpfung mit all ihren Pflanzen, Tieren, Elementen, Verbindungen und den komplexen Wechselwirkungen erhält.
Reife Menschen beantworten die Fragen von Ken Wilber bei ihren Entscheidungen in der Regel mit dreimal JA! Reife Menschen lieben und vergeben immer wieder, weil sie selbst ihren Weg aus der Unreife, den Weg vom Kind zum Mann gegangen sind. Wie fallen deine Antworten aus, liebst und vergibst du?

Corona zeigt die Unreife unserer Gesellschaft in nie dagewesener Härte und Klarheit. Wie kleine Kinder jammert die Gesellschaft nach den täglichen Lustbarkeiten, den Schlagzeittotbeschäftigungen, dem immerwährenden Konsum. Die Chance in dieser Krise sehen wenige. Auf dem Hintergrund der fünf Wahrheiten der Initiation darf ich mich weder wundern noch erschrecken, es darf mich auch nicht in psychosoziale Nöte bringen, denn das Handwerkszeug zum reifen Leben habe ich in Oberwildflecken, am Brahmsee oder anderswo durch die Initiation erworben.
Rostet dein Werkzeug bei dir nun vor sich hin, haben die Motten es schon gefressen? Hast du ihm gar einen Ehrenplatz gegeben und behandelst es wie eine Bibel im Goldschnittformat? Zeigt dein Werkzeug Gebrauchsspuren, ist von dir optimiert worden und dein täglicher Begleiter?

In der Entstehungszeit des neuen Testamentes traf der Autor des Hebräerbriefes auf eine ähnliche Situation und schrieb dazu im Kapitel 5, 12-14
„Eigentlich müsstet ihr längst in der Lage sein, andere zu unterrichten; stattdessen braucht ihr selbst wieder jemand, der euch die grundlegenden Wahrheiten der Botschaft Gottes lehrt. Ihr habt sozusagen wieder Milch nötig statt fester Nahrung. Wer nur Milch verträgt, ist ein Kind und hat noch nicht die nötige Erfahrung, um sein Leben so zu gestalten, wie es nach Gottes Wort richtig ist. Feste Nahrung hingegen ist für Erwachsene, für reife Menschen also, deren Urteilsfähigkeit aufgrund ihrer Erfahrung so geschult ist, dass sie imstande sind, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden.“

Ein Investment in die Aufforstung des Regenwaldes dient dem Großen und Ganzen mehr als die Urlaubsreise dorthin. Die Förderung von sozialem Wohnungsbau befördert Frieden in der Gesellschaft und schafft menschenwürdiges Dasein. Lernpatenschaften führen junge Menschen in die eigene Unabhängigkeit. Welchem Mann stehst du und ich in dieser Krisenzeit bei? Welchen Mann führen wir durch das Zeugnis des eigenen Lebens in die Reife und werden durch das eigene Beispiel zur Chance für ihn?

Lasst uns also zu den Männern gehören, die das Gute von der Vor-Coronazeit würdigen und behalten, das Untaugliche loslassen und lasst uns Neues schaffen, was mir, dir, uns und dem Großen und Ganzen dient. Mit Liebe und Vergebung wird es gelingen.

Andreas Wolff
Leipzig, Februar 2021

Tut um Gottes Willen etwas Tapferes!

von Peter Hebeisen

Am 06. Januar schoss eine Aktie um 17% in die Höhe. 17%! Und das in einem Umfeld, in dem mit den Stellen nach dem Komma operiert wird. Was war geschehen? In Amerika hatten erboste Bürger gerade das Weiße Haus gestürmt, weil sie Betrug und Verrat witterten. Fünf Menschen sind dabei getötet worden. Darauf schoss die Aktie von Smith & Wessen um 17% nach oben. Mich erschüttert dies sehr! Ich finde wahnsinnig, dass die Börse sofort reagiert, wenn irgendwo Anzeichen von Revolution, Bürgerkrieg oder Umsturz zu erkennen sind.* In diesem Fall war es in dem Land, das sich damit schmückt, die älteste Demokratie der Welt zu sein. In ihr sind Anzeichen für noch mehr Spaltung, noch mehr Trennung und damit noch mehr Auseinandersetzung und Gewalt zu sehen. Die
Folge, die Aktie einer Firma, die Waffen herstellt, schnellt nach oben. Ja, ich weiß, es ist nicht das einzige Beispiel und es ließe sich eine lange Liste erstellen, in denen Firmen wie Nestlé, Amazon, Balckrock und Shell vorkämen, in denen über Blutgold zu reden wäre und wo angesprochen werden müsste, dass an der Börse auch auf Hungersnöte gewettet wird. Um es klar zu sagen: Es geht NICHT um eine grundsätzliche Schelte aller Börsengeschäfte oder der gesamten Anleger und Geld verdienen ist nicht prinzipiell verwerflich. Es gibt reichlich ethische Anlagemöglichkeiten, die auch an der Börse gehandelt werden und wo andere Prinzipen als die reine Gewinnmaximierung gelten. Es geht jedoch darum, dass ethische, soziale und humane Werte nicht einfach über Bord geschmissen werden. Auch dann nicht, wenn Meinungsmacher und Meinungsführer einen dazu verführen wollen.
Wohin solches Treiben führen kann und zu was Menschen fähig sind, lehrt uns die Geschichte.
Napalm, agent Orange, Waterboarding und Kinderhandel sind nur die Spitze eines riesigen Eisberges, der sich bis ins Private, in die Familie, in die Partnerschaft hinein erstreckt. Gesellschaftlich umspült ist dieser „Eisberg“ von Begriffen wie Kollateralschäden und Human Resources. Letztere hießen früher mal Personalabteilungen, da kam die Person und nicht einfach die Arbeitskraft zur Sprache und Erzieherinnen hießen früher Kindergärtnerinnen, da war zumindest die Idee, dass sie hegen und pflegen und nicht einfach erziehen, im Wort manifest.
Tut um Gottes willen etwas Tapferes! So ist dieser Monatstext bewusst überschrieben. Der Titel stammt von einem Buch aus meinem Regal. Es beschreibt das Leben des Wuppertaler Pfarrers Karl Immer, der ab 1971 Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland war. „Tut um Gottes Willen etwas Tapferes!“ hat jedoch längere und ältere Wurzeln. Sie reichen bis in die Zeit der Reformation. Ulrich Zwingli, der Zürcher Reformator, schrieb diese Worte an die Wand des Züricher Münsters. Sie wurden das Leitmotto über seinem Leben. Karl Immer und Ulrich Zwingli ist gemein, dass sie sich mehr von ihrem Glauben und ihrer Überzeugung leiten ließen, denn von einer Mehrheitsmeinung oder Meinungsmachern.
Immer war es ein Anliegen, dass die Kirche und die Menschen, die sich in ihr bewegen, aus dem Widerstand der Kirche in der NS-Zeit ihre Lehren ziehen und diese Einsichten leben. Zwingli trat mit diesen Worten radikal für die Freiheit des Denkens und der freien Predigt ein. Er wollte die Freiheit, die erstritten war, bewahren.
Mir scheint, dass wir in einer Zeit leben, in der es mehr und mehr Mut braucht, sich für humane, für menschliche Werte einzusetzen. Relativ schnell wird man zum „Gutmenschen“ deformiert. Es braucht Mut dagegen zu halten und weil es Mut braucht, braucht es auch Orte der Stärkung, der Vergewisserung. In dem Zusammenhang denke ich gerne an die Ratsversammlung vor einigen Tagen zurück. In ihr konnte ich erleben, was es heißt, wenn Männer wertschätzend, zuhörend und in gegenseitiger Achtung miteinander unterwegs sind. Ich wünsche mir sehr, dass diese Gemeinschaft nicht einfach bei einem Jahrestreffen gelebt wird, sondern auch während des Jahres Gestalt und Ausprägung findet, die sich bis in die privaten kleinen und größeren Begegnungen hinein erstrecken.
Denn das Tapfere ist nicht einfach da zu finden, wo Großes auf einer (politischen) Bühne bewegt wird, sondern da, wo ethische, menschliche und soziale Überzeugungen gelebt werden. Sei es in einer vergebenden Geste nach einem Streit, sei es in einem Widerwort gegen stumpfe Parolen, sei es in einem Wort gegen das Gegeneinander. Das Große beginnt im Kleinen, sagt Jeff Bezos und der muss es wissen. Männer, ich freue mich ein Teil von Männerpfade zu sein und hier auch Mut und Motivation zu finden, damit ich um Gottes Willen etwas Tapferes tun kann!
Peter Hebeisen, Januar 2021

*Der Text ist vor der Amtseinführung von Joe Biden geschrieben. Was bei der Amtseinführung und in den Tagen danach passieren wird, wissen wir derzeit noch nicht.